press review
Splendid Manager über Maxdome (Article in German)
Splendid-Management: "Fühlen uns im EST/TVoD-Markt sicher"
Über die Integration von maxdome und den EST/TVoD-Markt im Allgemeinen sprach B:F mit Splendid-Vorstand Dr. Dirk Schweitzer und Videociety-Chef Hans Henseleit.
Im August 2021 berichteten Sie, dass die Splendid-Tochter Videociety die VoD-Plattform maxdome übernimmt. Ist der Vorgang abgeschlossen und was genau wurde eigentlich "übernommen"?
Dr. Dirk Schweitzer: Ja, die Transaktion ist vollzogen und umgesetzt. Die maxdome GmbH war zuvor in die Joyn GmbH integriert worden. Es gab also keine eigenständige Firma, die Joyn hätte verkaufen können. Wir haben faktisch alle Assets, die zum maxdome-Geschäftsmodell gehörten, gekauft.
Wozu auch der Markenname "maxdome" zählte ...
Dr. Dirk Schweitzer: ... den wir mit allen Nutzungsrechten von der Joyn GmbH übernommen haben.
Hätten Sie nicht die Assets außer dem Markennamen auf Ihre bereits bestehende Videociety-Plattform integrieren können?
Dr. Dirk Schweitzer: Theoretisch hätten wir das tun können, aber mit maxdome verfügen wir in unserem Portfolio jetzt über den prominenteren Markennamen. Die Idee hinter der Übernahme bestand darin, dass wir unser gesamtes Business-to-Consumer-Geschäft unter dem bekannteren Brand maxdome bündeln. Videociety bleibt als Markenname für unser Business-to-Business-Geschäft erhalten und wird sich weiter als Dienstleister für Drittkunden profilieren, die sich eine eigene VoD-Plattform bauen lassen wollen. Auf diese Weise treten wir auch dem Eindruck entgegen, der bei einem Geschäftspartner wie beispielsweise Freenet entstehen könnte, für den wir ein VoD-Portal betreiben: Nämlich, dass Videociety als Freenet-Geschäftspartner zugleich ein Mitbewerber im Endkundengeschäft ist. Wenn wir Endkunden bedienen wollen, machen wir dies künftig unter der Marke maxdome.
Aber Videociety kann ich doch als Endverbraucher nach wie vor ansteuern und nutzen?
Hans D. Henseleit: Wie Herr Schweitzer bereits betont hat, war Videociety als BtC-Brand nie so aufgeladen und bekannt wie eben maxdome. Daher verrate ich kein großes Geheimnis, dass wir daraus konkrete Konsequenzen ziehen werden: Nämlich, dass wir den Kundenstamm, der bei Videociety registriert ist, mit dem von maxdome zusammenführen. Eine naheliegende Überlegung, weil unsere Ressourcen künftig nur in eine Endkunden-Marke fließen - und nicht in zwei. Und dann - wie ausgeführt - Videociety ausschließlich für das BtB-Modell steht. Wir haben noch keinen festen Termin für diese Aufteilung, aber sie wird so kommen. Fest steht jedenfalls: Wir werden weiterhin unsere EST/TVoD-Aktivitäten sowohl mit Blick auf Endkunden, als auch auf Geschäftspartner verstärken.
Unabhängig von der Pandemiezeit: Der transaktionale Digitalmarkt ist schon länger rückläufig. Woher nehmen Sie die Fantasie, dass die Vermarktungsarten EST und TVoD eine Perspektive haben?
Hans D. Henseleit: Richtig ist, dass EST und TVoD im letzten Jahr Umsatzeinbußen im deutschen Markt hatten. Aber Sie können Corona nicht ausblenden. Das geht nicht, weil nicht nur der Kinomarkt unter der Pandemie gelitten hat, sondern in der Folge auch EST und TVoD. Wenn Kino-Neuheiten fehlen, schlägt sich das auf das transaktionale Digitalgeschäft natürlich nieder. Und so betrachtet, finde ich die Umsatzrückgänge noch moderat, denn der Einbruch in der Kinobranche selbst war ja noch viel größer. Dass trotz fehlender Blockbuster der EST/TVoD-Markt im vergangenen Jahr immerhin um die 400 Millionen Euro umgesetzt hat, finde ich bemerkenswert. Das sind für unsere Unternehmensgruppe nach wie vor spannende Größenordnungen.
Dr. Dirk Schweitzer: Was wir mit Sicherheit nicht tun werden: In das große Streaming-Haifischbecken springen und uns mit großen Playern wie Netflix und Amazon Prime messen. Und denjenigen, deren Markteintritt noch bevorsteht. In diesen Markt einzusteigen, wäre für uns unvernünftig. Aber im EST/TVoD-Markt fühlen wir uns sicher. Wir glauben, dass dieses Geschäft künftig Bestand haben wird. Als Ergänzung zum zweiten oder dritten Streaming-Abonnement. Die Frage lautet doch: Wie viele Abos wollen und können sich Haushalte leisten?
Da gibt es sicher Obergrenzen. Trotzdem sagen uns Marktforscher, dass das SVoD-Potenzial längst nicht ausgeschöpft sei ...
Hans D. Henseleit: Das mag so sein, aber in den USA spricht man schon von der "Streaming-Fatigue" - der Streaming-Müdigkeit. Auf dieses Phänomen setzen wir übrigens auch in unserer Kundenansprache. Eine renommierte Agentur entwickelt derzeit eine Relaunch-Kampagne, mit der wir kommunizieren wollen: "Nicht noch ein Abo, sondern Vielfalt á la carte".
Dr. Dirk Schweitzer: Noch ein Wort zu den EST/TVoD-Marktdaten: Wenn Sie eine Differenzierung zwischen Majors und Independents vornehmen, werden Sie feststellen, dass Indies wie wir nicht so sehr von der Pandemiezeit betroffen waren. Oder sogar ein kleines Wachstum erfahren haben. Es waren die großen Studios, die die Hauptlast des EST/TVoD-Einbruchs verkraften mussten. Was kein Vorwurf ist, sondern allein auf dem Umstand basiert, dass Kinos zeitweise geschlossen waren. Deswegen sind wir positiv gestimmt, wenn wieder die ganz großen Filme ins Kino kommen, weil davon der gesamte EST/TVoD-Markt profitieren wird. Und wenn es so kommt, sehe ich den EST/TVoD-Markt bei 500 Mio. Euro oder mehr pro Jahr.
Einen grundsätzlichen Substanzverlust des EST/TVoD-Marktes erwarten Sie also nicht?
Hans D. Henseleit: Nein, warum auch? Wir bieten die Blockbuster von Disney, Warner, Universal und anderen über maxdome an. Portale wie maxdome wirken auch der Fragmentierung des Marktes entgegen. Anders als in der Musikbranche, in der zwei oder drei große Streaming-Anbieter als Vollsortimenter nahezu jeden Inhalt anbieten, ist die Rechtekette in unserer Branche sehr viel komplexer. Für Endverbraucher wird dies zunehmend unverständlicher. Und nur so sind ja Orientierungshilfen wie justwatch und werstreamt.es überhaupt entstanden. Jedenfalls muss es unser Anspruch sein, als Vollsortimenter aufzutreten, um mit den US-Playern mithalten zu können. Wir wollen als nationaler Player im VoD-Markt eine Rolle spielen und müssen dafür unser Angebot noch mehr ausweiten.
Besteht nicht die Gefahr, dass durch den Exklusivitätsanspruch im Abo-Streamingmarkt, Portalen wie maxdome Inhalte entzogen werden?
Dr. Dirk Schweitzer: Vielleicht gibt es solche Gedankenspiele bei den Studios, aber ich habe noch keinen Markt gesehen, in dem große Filme nicht auf verschiedenen Plattformen transaktional ausgewertet werden. Die Exklusivität, von der Sie sprechen, dürfte mindestens mittelfristig schwierig sein.
Was halten Sie von sogenannten Premium-Auswertungen, über die 2021 so viel diskutiert wurde?
Hans D. Henseleit: Diese vorgelagerten Fenster mit hohen Einzelpreisen für transaktionale Abrufe sollen Konsumenten erreichen, die bereit sind, einen Titel drei oder vier Wochen früher zu sehen. Auch daran kann man erkennen: Alle wollen ihre SVoD-Plattformen nach vorne bringe, aber der Individualumsatz mit einzelnen Filmen soll ebenfalls abgeschöpft werden.
Noch ein paar Worte zum BtB-Ansatz von Videociety. Dieses Geschäft scheint sich gut entwickelt zu haben ...
Hans D. Henseleit: Ja, ein schönes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, Marktbedürfnisse zu erkennen. Vor einigen Jahren hörten wir über unsere Contentpartner, dass sie unter anderem von Telekommunikationsunternehmen angesprochen worden seien. Also Firmen, deren Hauptgeschäftsmodell aus der Bereitbestellung von Internet, Festnetz und Mobilfunk besteht. Die aber gesagt haben: Als Ergänzung wäre ein VoD-Service toll. Dann bekamen die Telcos eine Ahnung, welchen Aufwand der Betrieb eines eigenen VoD-Angebots haben würde und verfielen in eine Art Resignation. Technischer Betrieb, Contentaufbereitung, Lizenzverträge: In Summe waren das zu viele kleinteilige Anforderungen. Dann kam Videociety ins Spiel, was auch mit meiner Doppelrolle als Geschäftsführer unserer Firmentochter Enteractive zu tun hatte, die als technischer Dienstleister im Bereich digitaler Distribution etabliert war. Insgesamt besaßen wir alle Fertigkeiten, um anderen Unternehmen eine technische Plattform aufzusetzen. Vor allem: Wir konnten Inhalte liefern. Das macht uns im deutschen Markt einzigartig: Wir stellen erstens die Technik bereit, zweitens übernehmen wir den laufenden Portalbetrieb und drittens können wir Content bereitstellen. Auf diese Weise funktioniert beispielsweise seit 2018 die Plattform freenet video der Freenet AG.
Für wen sind Sie sonst noch tätig?
Hans H. Henseleit: Zu Beginn der Pandemie haben wir mit der Kinokette Cineplex ein Portal gelauncht: Cineplex Home. Dieses Projekt umzusetzen, fand ich besonders reizvoll, weil Kinobetreiber in der Vergangenheit den VoD-Markt eher als Bedrohung wahrgenommen hatten. Wie die Cineplex-Gruppe vor einem eigenen VoD-Produkt die Scheu abgelegt hat, fand ich sehr beeindruckend. Im vergangenen Jahr sind wir eine Kooperation mit der Bauer Media Group eingegangen, die für ihr Produkt "TV Movie" ebenfalls unsere Whitelabel-Lösung "meinVoD" nutzt. Seit November betreiben wir auf dieser Basis das gebrandete Streaming-Angebot "MyTVmovie.de". Was auch ein wenig der Pandemie geschuldet ist: Obwohl die redaktionelle Berichterstattung vom Kino geprägt war, setzte sich bei TV Movie die Auffassung durch, sich mehr mit anderen Themen befassen zu müssen. Über die Jahre haben wir diverse Portale gelauncht und nicht nur in Deutschland. Für die Post Luxemburg betreiben wir ein deutschsprachiges VoD-Produkt. In Österreich kooperieren wir mit dem Satelliten-TV-Anbieter HD Austria. Bei allen Beispielen handelt es sich um Ergänzungsangebote zu den bestehenden Produkten und Dienstleistungen der jeweiligen Firmen.
In einer älteren Splendid-Mitteilung lasen wir von einem EST/TVoD-Umsatz von 8,9 Mio. Euro in 2020. Worauf bezog sich die Zahl genau?
Dr. Dirk Schweitzer: Auf sämtliche Unternehmensbereiche der Splendid-Gruppe. Das sind in erster Linie Umsätze der Splendid Film, aber auch von unseren Töchtern polyband medien, Videociety und WVG Medien.
Und stimmt es, dass erstmals 2021 Einnahmen aus der digitalen Distribution DVD/Blu-ray-Umsätze übertroffen haben? Bei anderen Unternehmen liegt dieser Switch sehr viel länger zurück.
Dr. Dirk Schweitzer: Diesen Wechsel hatten wir im ersten Halbjahr 2021 festgestellt und wir haben uns seinerzeit selbst ein wenig gewundert, dass digitales Home Entertainment das physische Geschäft so spät überholt. Was aber nicht daran lag, dass wir die digitale Distribution verschlafen haben. Man muss es umgekehrt betrachten. Insbesondere über unsere Konzerngesellschaft polyband haben wir in den letzten Jahren ein nachhaltiges DVD/Blu-ray-Geschäft realisieren können. Dort funktionieren bestimmte Special Interest-Themen oder auch TV-Serien nach wie vor im physischen Kaufmarkt. Unsere DVD/Blu-ray-Umsätze sind nicht in gleichem Maße gesunken wie der Gesamtmarkt.
Wie gut ist die gesamte Firmengruppe durch die Pandemie gekommen?
Dr. Dirk Schweitzer: Sehr gut, am Ende muss man sogar objektiv feststellen, dass wir von der Pandemie profitiert haben. Wie schon gesagt: Das Ausbleiben großer Blockbuster im Kino hat Indie-Titel sichtbarer gemacht. Abgesehen davon hatten wir bereits vor Corona diverse Veränderungen geplant, etwa beim Thema Kostenmanagement. Zu unserem Glück hatten wir für 2020 keine großen Kinotitel geplant und vor den Schließungen stärkere Filme bereits ausgewertet. Und im TV-Produktionsbereich haben wir "Die Wollnys" ohne Produktionsstilland fortführen können, weil es keine Erkrankungen gab und wir unsere Produktionsabläufe schnell auf die neue Situation eingestellt hatten.
Das Gespräch führte Joerg Rumbucher
Quelle: VideoMarkt